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Tourismuspolitik
Der heutige Tourismus wird durch Politik und Wohlstand ermöglicht.
Wichtigste Voraussetzung ist die
freie Mobilität von Personen, Gütern und Kapital. Bis mitte
des 19. Jh. war es nur einer reicheren ...
... Oberschicht möglich, entsprechende Ausgaben für
Reisen und Übernachtungen
an fremden Orten zu machen. Je nach Land und Berechnungsweise werden in
Mitteleuropa heute so um die 15% der Ausgaben der privaten Haushalte für
den
Tourismus und touristische Leistungen ausgegeben. In
der Schweiz im Jahr 2004
rund 8,9% für Restaurants und Hotels und 9,5% für Verkehr. Dabei
ist gemäss
Mikrozensus
Verkehr 2000 ca. die Hälfte des anfallenden Autoverkehrs als
Freizeitverkehr zu taxieren.
Der Fremdenverkehr spielt ebenso in der Schweizer Wirtschaft
eine bedeutende
Rolle. Von den 22,2 Milliarden Franken Gesamteinnahmen wurden im Jahre
2003
9,6 Milliarden oder 43% durch den Binnentourismus erwirtschaftet.
Mehr Informationen auf: >
www.swisstourfed.ch
Die Ausgaben von ausländischen Touristen in der
Schweiz erbrachten unserer
Volkswirtschaft Einnahmen von 12,6 Milliarden Franken oder ungefähr
3% des
Bruttoinlandproduktes. Wenn die Auslandgäste in der Schweiz Dienstleistungen
touristischer Art beanspruchen, hat dies auf die schweizerische Zahlungsbilanz
die genau gleiche Wirkung wie der Export von Waren. Dem Tourismus sind
7%
der Exporteinnahmen zuzuschreiben.
Alle Ausgaben der in touristischen Beherbergungsstätten
übernachtenden
ausländischen Besucher beliefen sich 2003 auf 6,2 Milliarden Franken.
Wozu die
Hotelgäste vier Fünftel beisteuerten. Die Ausgaben der ausländischen
Gäste in
unserem Land kommen nicht nur der Hotellerie und Restauration zugute,
sondern
auch zahlreichen anderen Branchen. Mit einem Anteil von 31% an der gesamten
touristischen Wertschöpfung, bildet das Beherbergungsgewerbe den
wichtigsten
Tourismuszweig. Beherbergungs- und Gaststättengewerbe zusammen machen
45% der touristischen Wertschöpfung aus. Mehr als die Hälfte
der touristischen
Wertschöpfung wird durch andere Wirtschaftsbranchen generiert.
Der Tourismus ist ein wichtiger Arbeitgeber. Schätzungsweise
eine von zwölf
beschäftigten Personen verdankt ihre Stelle direkt oder indirekt
diesem Sektor.
In den Bergregionen ist dieser Anteil wesentlich grösser als in den
städtischen
Gebieten. Direkte touristische Beschäftigung in der Schweiz: ungefähr
170'000
Vollzeitarbeitsplätze (=5,2% der Gesamtbeschäftigung).
Was versteht man unter Tourismuspolitik?
Die Tourismuspolitik ist kein eigenständiger Politikbereich, sondern
eine sog.
Querschnittspolitik. Zum Verständnis der Tourismuspolitik ist viel
Grundwissen
über verschiedenste andere Politikbereiche gefragt.
Der Begriff Tourismus wird in der Literatur unterschiedlich
definiert. In der
Schweiz wird verbreitet die Definition von Kaspar verwendet:
"Fremdenverkehr oder Tourismus ist die Gesamtheit der Beziehungen
und
Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufenthalt von Personen
ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und
dauernder
Wohn- noch Arbeitsort ist."
(Claude Kaspar, Die Tourismuslehre im Grundriss, St. Galler Beiträge
zum
Tourismus und Verkehrswirtschaft, 5. Auflage, Verl. Paul Haupt Bern, 1996)
Der Begriff Politik stammt vom griechischen Wort polis.
In Griechenland war dies
ein Raum, wo die verschiedenen Interessen zusammentrafen und Lösungen
für
ein dauerhaftes Zusammenleben gefunden wurde. Heute wird Politik mitunter
definiert als zielgerichtetes Handeln, um allgemein verbindliche Regeln
für soziale
Gemeinschaften und das Funktionieren des Staates zu schaffen.
Eine eigentliche ganzheitliche Tourismuspolitik besteht aus den
folgenden
Gründen nicht:
- Der Tourismus umfasst neben den Gastro- und Hotelbetrieben
und anderen
Einrichtungen auch die Branche Verkehr, Zulieferer und das Baugewerbe.
Regulierungen für diese Branche betreffen somit auch den Tourismus
in einer
Region.
- Tourismuspolitik wird von einer Vielfalt von Organisationen
und Autoritäten
ausgeübt. Bspw. wirken Bestimmungen von Drittstaaten direkt auf
Touristen
in der Schweiz . Die USA haben z.B. spezielle Vorschriften über
die Einreise
erlassen, welche bereits im Ursprungsland angewendet werden, sofern
die
Reise in die USA mit einem Flugzeug zurückgelegt wird.
Tourismuspolitik kann folgendermassen definiert
werden:
"Tourismuspolitik ist die Summe aller Massnahmen öffentlicher
Institutionen auf
allen Ebenen politischen Handelns, die direkt und indirekt, bewusst oder
unbewusst die Gestaltung und Entwicklung des Tourismus bestimmen."
(Jörn W. Mundt, Tourismuspolitik, R. Oldenbourg Verlag, München,
Wien 2004).
"Unter Tourismuspolitik verstehen wir bewusste Förderung und
Gestaltung des
Tourismus durch Einflussnahme auf die touristisch relevanten Gegebenheiten
seitens von Gemeinschaften."
(Claude Kaspar, die Tourismuslehre im Grundriss, St. Galler Beiträge
zum
Tourismus und zur Verkehrswirtschaft, 5. Auflage, Paul Haupt Verlag, Bern
96).
In der Regel wird zwischen indirekter und direkter Tourismuspolitik unterschieden:
Indirekte Tourismuspolitik:
Sie umfasst alle Massnahmen, die "nicht in erster Linie den Tourismus
zum Gegen-
stand haben, diesen aber als Wirtschaftszweig massgeblich tangieren."
Bspw.
Raumplanung und Umweltpolitik, Verkehrspolitik, Rechtswesen und Ausländer-
politik etc.
Direkte Tourismuspolitik:
Sie beinhaltet alle Massnahmen, die "hauptsächlich oder ausschliesslich
aus dem
Tourismus heraus begründet werden" oder sich unmittelbar auf
ihn beziehen.
Bspw. Hotelkredit, touristische Werbung, touristische Berufsbildung und
Mitarbeit
in internationalen Organisationen u.a.
Die Tourismuspolitik legitimiert sich wesentlich aus Art. 94 Bundesverfassung:
Grundsätze der Wirtschaftsordnung
Abs. 1:
Bund und Kantone halten sich an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit.
Abs. 2:
Sie wahren die Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft und tragen
mit
der privaten Wirtschaft zur Wohlfahrt und zur wirtschaftlichen Sicherheit
der
Bevölkerung bei.
Abs. 3:
Sie sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für günstige
Rahmenbedingungen
für die private Wirtschaft.
Abs. 4:
Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere Massnahmen,
die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie
in der
Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet
sind.
Artikel 94 BV ist allgemein gehalten. Der Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit
(in
Absatz 1) drückt eine sehr liberale Grundhaltung aus.
In Absatz 2 steht die Wohlfahrt im Vordergrund, was ein klares Bekenntnis
zur
sozialen Marktwirtschaft bedeutet.
Absatz 3 kann wieder eher als liberal gedeutet werden. Doch wird mit diesem
Artikel ein staatlicher Eingriff zu Gunsten der privaten Wirtschaft erlaubt.
Im
letzten Absatz werden die Massnahmen, welche sich gegen den Wettbewerb
richten eingeschränkt.
Der Gesinnungswandel der 1990er Jahre, im Zuge des starken wirtschaftlichen
Aufschwungs, neoliberale Elemente aus der nordamerikanischen Wirtschafts-
ordnung zu übernehmen, ist erkennbar. Weiterhin ist in Absatz 4 ein
Ausschluss-
prinzip enthalten, welches von Regalrechten spricht.
- Marktversagen: kurzfristige Gewinnpolitik gefährdet Grundlagen
(z.B.
Landschaft)
- Öffentliches Interesse: Tourismus übernimmt gesellschaftspolitische
Funktionen und kommerzialisiert öffentliche Güter (Kultur
und Umwelt)
- Regionalpolitische Bedeutung: Regionaler Ausgleich, Leitindustrie
etc.
Es entsteht ein hoher Koordinationsaufwand für das entsprechende
Dienstleistungsbündel. Bei der Ausschöpfung des touristischen
Potenzials
entstehen grosse Transaktionskosten.
Gefangenendilemma: Alle anderen Staaten fördern den
Tourismus ebenfalls in
erheblichem Masse (gem. Müller, Hansruedi Müller, Freizeit und
Tourismus,
Berner Studien zu Freizeit und Tourismus, Bern 2002).
Welches sind die wichtigsten Ziele der Tourismuspolitik?
Gesamtziel bzw. übergeordnetes Ziel gem. Schweiz. Tourismuskonzept
1979.
"Gewährleistung einer optimalen Befriedigung der vielfältigen
touristsichen
Bedürfnisse für Menschen aller Volksschichten im Rahmen leistungsfähiger
touristischer Einrichtungen und einer intakten Umwelt. Dabei sind die
Interessen
der ortsansässigen Bevölkerung zu berücksichtigen."
Gesellschaftsbereich:
- Förderung der Freizeit als eine Voraussetzung für die Selbstverwirklichung
- Gesundheit
- Verständigung, Zusammenarbeit zwischen den Völkern
Wirtschaftsbereich:
- Vollbeschäftigung und Steigerung des Wachstums
- Ausgeglichene Zahlungsbilanz
- stabiles Preisniveau
Umweltbereich:
- stabiles ökologisches Gleichgewicht
- schonende und geordnete Nutzung der Umwelt
- Erhaltung spezieller Landschaftsräume
Siehe auch
Links zum Thema Tourismuspolitik
Literatur
Naturtourismus
Das Buch aus der Reihe Kompaktwissen von Giovanni Danielli
und Roger Sonderegger
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